Handyregelgung

18.01.2022

Jedem ist die Handyregelung doch seit Langem gut vertraut: Keine Nutzung von Handys oder anderen „digitalen Endgeräten“ im Schulhaus gestattet, von morgens 7:40 bis mittags, von nach der Mittagspause und Beginn des Unterrichts bis 16:55. Und so klar und schwarz-weiß diese Regelung in den letzten Jahren seit der Einführung war, fängt sie an, Nuancen in der Farbtrennung aufzuweisen, eine Graustufe entstand. Wie kann es sein, dass ich von manchen Lehrern bereits darüber belehrt wurde, dass mein Handy ausgeschaltet auf dem Tisch liegend ein Verstoß gegen die Regelung ist und ich als Vorbild für Fünftklässler nun gescheitert bin, während sich mein Freund, wenige Zentimeter neben mir sitzend, an YouTube-Videos erfreut und auf Twitter El Hotzo´s neueste Tweets verfolgt? „Der Fall ist klar, lieber Herr Kommissar, auch wenn sie and`rer Meinung sind“ höre ich da schon fast die mit der Frage konfrontiert und dadurch genervten Lehrer Falco zitieren, denn: Ich habe ein Handy, er ein Tablet.

Mir ist durchaus klar, dass diese in Quantität im letzten Jahr explodierten Tablets, I-Pads und anderen Notizblock-Digitalisate auch unter „digitale Endgeräte“ fallen und dass die altbewährten Vorschriften, sofern umgesetzt, auch für diese Neuheiten gelten. Doch keine Hände keine Kekse und die Regelung trifft nicht zu. Denn wenn ein Lehrer eine unrechtmäßige Handynutzung erspürt und den Täter dingfest macht, dann ist der Ablauf der Verurteilung und Strafe schon präzise eintrainiert: Handy abnehmen, in einen Umschlag stecken, Name des Schülers drauf und ab ins Sekretariat. Der ganze Prozess in konsequenter Umsetzung wird meist mit einem unmutigen Murmeln des vorgeführten Schülers quittiert und die Sache ist gegessen. Handelt es sich jedoch um ein Tablet, so wird der Tatendrang des Vollstreckers aufgedröselt scheint einem, denn meist wird nur kurz erkannt, dass – aha - der Schüler sein Tablet nutzt und YouTube guckt. Schön und gut. Dann folgt – nichts. Fast alle Lehrer gehen einfach weiter, und die Lehrer, die entschlossen sind, die sich zur rechten Hand der Gerechtigkeit gegen den Verstoß von Regeln erhoben haben, werden die Schüler darauf hinweisen, dass sie das, was sie machen, eigentlich nicht dürfen und sie ihr Gadget besser einstecken. Aber das bringt nichts, so habe ich nämlich noch nie die Beobachtung gemacht, dass der Angesprochene daraufhin seine unterhaltsame Pausenbeschäftigung einfach so aufgibt und sich einen anderen, analogen Zeitvertreib sucht, sich vier Runden um das Schulhaus schleppen zum Beispiel.

Denn warum sollte er auch? Was sollen die Lehrer auch tun? An erster Stelle passt das Tablet ja gar nicht in die Umschläge. Und auch wäre das Abnehmen ja wirklich genial, denn das würde heißen man müsste den Rest des Unterrichts nichts mitschreiben. Wie auch ohne Tablet, was anderes braucht man ja nicht mitnehmen. Man ist also immun gegen diese Regelung. Aber war das nicht schon immer so? Dies muss verneint werden, denn wie jedem ja bekannt ist, war früher alles besser. So musste man früher für die Nutzung eines solchen Tablets einen Vertrag unterschreiben, der die Nutzung legitimiert. Wer diesen nicht hatte, durfte theoretisch kein Tablet im Unterricht benutzen, unabhängig ob zum Vergnügen oder zum tatsächlichen Mitarbeiten. Diesen Vertrag zu verlieren galt also als zu vermeiden, weshalb man sich lieber brav an die Regelungen hielt. Doch obwohl dieser Vertrag theoretisch noch existiert, scheint er nicht mehr nötig zu sein, um sein Tablet zu nutzen, da vielerorts nicht mehr kontrolliert wird und wurde, weshalb Schüler frei dieser Verträge agieren. Dadurch fehlt eine Regelung für eine Tabletnutzung. Denn so hofft man auf das Verantwortungsbewusstsein der Schüler und darauf, dass sie eben nicht in der Pause YouTube gucken, dass sie im Unterricht immer irgendwas mitschreiben anstatt irgendwelche Spiele mit den Mitschülern zu spielen, und sich ihrer Pflicht bewusst sind.

Sollte man also einfach das alte System implementieren, sodass alles wieder so ist wie früher, wo doch alles besser war? Auch das muss verneint werden, da das einfache Übertragen eines alten Systems nur selten die gewünscht ähnlichen Resultate hervorruft. So nutzen ja heutzutage deutlich mehr Leute ein Tablet, weshalb der bürokratische Aufwand der ganzen Verträge überfordernd sein würde. Auch ist es ja eine sehr gute Sache, dass sich die Schule im Unterricht von Schülerseite zunehmend digitalisiert und auch eine Erleichterung für viele Lehrer, die deshalb nicht nochmal kopieren gehen müssen, sondern einfach per Doppelklick die Arbeitsblätter den Schülern magisch zukommen lassen können. Diesen Status zu verlieren wäre sehr tragisch, weshalb man wohl auch ein wenig vergebender mit Verstößen umgehen würde.

Wie dieses Problem zu lösen ist, bleib vorerst offen, So gibt es Leute, die für ein völliges Verbot der Geräte sind, da ein einheitliches Verbot sehr einfach und konsequent ist. Andere hingegen sind für eine Aufhebung der Regelung im Allgemeinen, wo die Zeiten der Digitalisierung rasch voranschreiten und wir bereits in vielerlei Hinsicht über die Nutzung des Handys als einfachen Zeitvertreib hinweg sind. Wie jedoch letzten Endes entschieden wird wissen nur die Schülersprecher, die für eine etwaige Änderung zuständig sind. Bis dahin heißt es dann wohl abwarten, Tee trinken und „Nein, mein auf dem Tisch liegendes Handy ist NICHT ein Beispiel für die Nutzung eines Handys während der Schulzeit!!“.

Kai Gruhn